Zusammengestellt von Mag. Elisabeth Lampersberger-Pamser, Klinische und Gesundheitspsychologin bei der Krebshilfe Steiermark.
Resilienz ist eine trainierbare psychische Widerstandskraft. Sie bildet sich durch die Bewältigung von Stress und Krisen heraus und wirkt wie ein Schutzschild, das sich durch Training vergrößert.
Sie ist die Antwort auf eine gesunde Entwicklung trotz widriger Lebensumstände. Die personalen und sozialen Ressourcen (Resilienzfaktoren) helfen dabei, die persönliche Resilienz zu stärken. Sie ist zum Teil genetisch veranlagt, ein großer Teil der psychischen Widerstandsfähigkeit bildet sich jedoch erst oder gerade durch die Bewältigung stressvoller Herausforderungen.
Resilienzfaktoren sind die Faktoren und Eigenschaften, die dazu beitragen, dass wir eine schwierige oder traumatische Erfahrung überwinden und uns schneller und besser von den Auswirkungen erholen. Diese Faktoren können sowohl intern (aus uns heraus) als auch extern (aus unserem Umfeld) sein und dazu beitragen, dass wir widerstandsfähiger gegen Stress und Belastungen werden.
Hier sind einige Beispiele für Resilienz-Faktoren:
- Soziale Unterstützung durch Familie und Freunde
- Emotionale Stabilität und Selbstregulierungsfähigkeit
- Positive Einstellung und Optimismus
- Problemlösungsfähigkeiten und Flexibilität
- Selbstreflexion: die Fähigkeit, aus Erfahrungen zu lernen und sich anzupassen
- Sinn für Humor und die Fähigkeit, Dinge nicht zu persönlich zu nehmen
- Gute körperliche Gesundheit und gesunde Lebensgewohnheiten
Wir können unsere Resilienzfähigkeit für Krisenzeiten als Teile eines Teams betrachten, die durch innere und äußere Ressourcen miteinander an schwierigen Situationen wachsen. Sie sprechen sich ab, unterstützen im richtigen Moment, wo es notwendig ist, sind flexibel und können sich anpassen und bei Bedarf wachsen – ähnlich der Familie Barbapapa.
Gerade bei dem Erleben eines einschneidenden Ereignisses – wie es eine Krebsdiagnose darstellt – ist das Empfinden von Stress und Überforderung bis hin zur Hoffnungslosigkeit keine Seltenheit.
Drei Zustandsbeschreibungen „Stress – Resilienz – Wohlbefinden“ stehen da in enger Verbindung miteinander. Stress bedeutet hohe Anforderung bis hin zur Überforderung.
Resilienz wiederum ist der positive Anpassungsprozess an Stress bzw. an eine Belastungssituation, also die Aufrechterhaltung oder Wiedergewinnung der psychischen Gesundheit während oder nach kritischen Situationen oder Lebensereignissen.
Das bedeutet, um Resilienz (weiter) zu entwickeln, muss zuerst Stress oder eine schwierig zu bewältigende Situation vorausgegangen sein. Das ist vergleichbar mit dem Muskelwachstum, dem oftmals der Muskelkater vorausgeht. Resilienz ist eng mit Wohlbefinden, also dem angenehmen körperlichen und seelischen Befinden, verbunden.
Aber wie können wir dieses Gefühl von Wohlbefinden gerade in einer Lebensphase, die geprägt ist von einer schweren Erkrankung, immer wieder in uns wachrufen, um es lebendig halten? Es ist kein Zustand, sondern vielmehr ein Anpassungsprozess, in dem wir verschiedene Fähigkeiten im richtigen Moment in unser Leben einbringen:
- Adaption: Die Fähigkeit, sich an äußere Einflüsse funktional anzupassen.
- Regulation: Die Fähigkeit, das innere Gleichgewicht aufrecht zu erhalten – körperlich, mental und seelisch.
- Oszillation: Die Fähigkeit, schnell und funktional zwischen Gleichgewicht und Ungleichgewicht zu wechseln, um Adaption und Regulation zu ermöglichen.
Es ist also ein stetiger Balance-Akt, in dessen Zentrum ich den positiven Umgang mit Stressfaktoren stellen möchte. Das richtige Mindset für Resilienz und das Üben von Stressless-Tools im Alltag erscheint mir ein guter Werkzeugkasten für stürmische Zeiten.
Ein akuter Schock nach der Diagnosestellung ist normal und dient als Schutz: Dieser Ausnahmezustand geht häufig mit unangenehmen Gefühlen wie z. B. Angst einher oder mit einer Art Gefühlstaubheit. Ein solcher Zustand ist in den ersten Wochen nach der Diagnosestellung normal. Er dient dazu, nicht von den aufkommenden Emotionen „überflutet“ zu werden.
Hier kann das Bewusstmachen eines Ressourcenpools – z.B. im Rahmen einer psychoonkologischen Beratung oder gemeinsam mit einer nahestehenden Person – hilfreich sein.
Fragen zu äußeren Ressourcen könnten lauten:
Welche wichtigen Menschen gibt es in meinem Leben?
Wer ist für mich da, wenn ich Hilfe brauche?
Was finde ich gut an meinem Körper?
Wann fühle ich mich wohl in meinem Körper?
Was ist stabil in meinem Leben?
Wann in meinem Leben hatte ich schon mal eine ähnlich schwierige Situation erlebt und wodurch bin ich da gestärkt rausgegangen?
Fragen zu inneren Ressourcen könnten lauten:
Was kann ich besonders gut?
Was mache ich besonders gerne?
Was gibt mir Kraft im Leben? (Natur, Bewegung, Musik, Familie, FreundInnen)
Wann bin ich zufrieden?
Was möchte ich noch erreichen?
Zum Abschluss möchte ich auf die wichtige Freundschaft zu unserem Körper eingehen: Wenn wir lernen, unserem Körper gerade nach dem ersten Schock wieder mehr und mehr als einen Freund zu begegnen, kann unsere Körpersprache z.B. durch sogenannte Powerposen, wie Amy Cuddy sie nennt, unsere eigene Psyche enorm beeinflussen. Haltung, Bewegung, Gestik und Mimik bewirken oft mehr als viele Worte, indem sie unser Hormonsystem positiv beeinflussen. Sie stärken unser Selbstvertrauen und geben uns dadurch innere Stabilität, die wir in schwierigen Zeiten besonders brauchen.
Kleine Veränderungen, wie das Herz anzuheben und damit die Brust stolz herauszustrecken, strahlt nicht nur nach außen anders aus, sondern lässt uns anders fühlen und der Fokus verändert sich ins Positive - gerade in Momenten, in denen es uns nicht gut geht. Morgens vorm Spiegel die Arme in die Siegerpose zu bringen, den Blick nach oben zu heben und uns selbst zu sagen: ‚Ich schaffe das!‘, lässt uns anders in den Tag gehen.
Wenn Sie noch andere praktische Übungen zur Stärkung Ihrer Resilienz ausprobieren und lernen möchten, melden Sie sich zum kostenlosen Krebshilfe-Workshop in Graz „Biegsam wie ein Bambus im Wind“ mit Mag. Elisabeth Lampersberger-Pamser unter office(at)krebshilfe.at oder unter 0136 / 47 44 33 an. Der Workshop findet am 22. Juni 2023 in unserem Beratungszentrum in Graz (Rudolf Hans Bartsch-Str. 15-17, 8042 Graz) statt. Details zur Veranstaltung entnehmen Sie bitte www.krebshilfe.at/programm (S.32).